WIKINGERZELTE

WIKINGERZELTE

Wikingerzelte

Wikingerzelte haben etliche Vorteile: Sie halten viel aus, stehen sehr sicher, bieten interessante Möglichkeiten zur Verzierung und lassen sich gut transportieren und aufbauen. Außerdem sind nicht unbedingt Heringe vonnöten, was vor allem beim Lagern auf Asphalt von Vorteil ist. Sie unterscheiden sich von anderen Zelten vor allem durch ihr 9-teiliges Holzgestänge. Dieses lässt sich wunderbar durch Schnitzereien verzieren.

Zwei bekannte Funde von Wikingerzelten gibt es: Das Gokstad-Zelt und die beiden Oseberg-Zelte. Letztere wurden Anfang des 20. Jahrhunderts in einem Schiffsgrab aus dem 9. Jahrhundert im norwegischen Oseberg gefunden, daher auch der Name. Durch den lehmigen Unterboden ist der Fund sehr gut erhalten, wodurch nicht nur die zwei Zelte, sondern auch viele weitere Artefakte ein recht lebendiges Bild der wikingerzeitlichen Kultur zeichnen. Man muss aber dazusagen, dass die Gebeine in einer Holzhütte aufgebahrt waren und die Zelte – die man überdies nicht zusammengebaut fand – somit nicht direkt zum Grab gehörten. Da die beiden Wikingerzelte nicht bis heute überdauert haben, kann man sich nur auf die  archäologischen Berichte beziehen. Alles in allem steckt in der Konstruktion also einiges an Spekulation.

Der zweite Fund befand sich ebenfalls in der Nähe eines Wikinger-Schiffsgrabs, genauer gesagt an der Ausgrabungsstätte in Gokstad, Norwegen. Der Fund wurde auf das späte 9. Jahrhundert datiert; das Gokstad-Zelt kam also etwas später als das Oseberg-Zelt zum Einsatz. 

Wurden Zelte in der Wikingerzeit tatsächlich verwendet?

Grundsätzlich ist es nicht eindeutig nachweisbar, ob Zelte wie etwa das Oseberg-Zelt tatsächlich freistehend an Land genutzt wurden. Ein Hinweis könnte aber in den Isländischen Sagen verborgen sein, denn dort heißt es, dass für das Althing Unterkünfte aufgebaut wurden, die bei Belegung zeltartig überdacht waren. Eine andere Theorie besagt, dass sich das Wort Krämer vom althochdeutschen Wort cram ableitet, was so viel wie Zelt bedeutet. Nach dieser Theorie wurden Zelte vor allem auf Märkten eingesetzt, die an natürlichen Häfen stattfanden.

Frühmittelalterliche Alternativen zum Oseberg-Zelt

In der Wikingerzeit finden sich zwar weitere Nachweise für Zeltkonstruktionen, allerdings liegen diese eher im altsächsischen Raum. Im Reenactment erfreut sich besonders das altsächsische Geteld großer Beliebtheit. Dabei handelt es sich um eine Zeltform, bei der die Plane von zwei Mittelpfosten, einer Firststange, und Heringen gehalten wird.

Darstellungen des Geteld finden sich im Utrecht-Psalter, der auf das 9. Jahrhundert datiert wird, sowie im Harley-Psalter (11. Jahrhundert) und dem Eadwin-Psalter (12. Jahrhundert). Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei den beiden letzteren Werken um Abschriften des Utrecht-Psalters handelt, da sich die Abbildungen stark ähneln.

Den Abbildungen zufolge haben Geteld-Zelte den Eingang normalerweise an der schmalen Seitenwand. Für Handwerker und Händler bietet sich allerdings aus praktischen Gründen ein Eingang zur breiten Seite an, weil sich so die feilgebotenen Waren sowie die ausgeführte Handwerkskunst sehr gut zur Schau stellen lassen. Historisch belegt
ist dieser Eingang allerdings nicht, zumindest nicht für das Frühmittelalter. Die ersten Abbildungen mit einer solchen Öffnung finden wir im großen Canterbury-Psalter, ca. 1200 n. Chr., also weit nach der Wikingerzeit.

Ebenfalls im Utrecht-Psalter dargestellt – und somit für das Frühmittelalter belegt – sind sogenannte Einmaster, auch Kegelzelt genannt. Diese bestehen aus einem Mast und eine rechteckigen Plane. Je nach Zuschnitt ist die Form symmetrisch oder unsymmetrisch.

Es lässt sich zwar nicht nachweisen, aber es ist ebenfalls denkbar, dass Sonnensegel genutzt wurden. Der Mensch wusste sich schon im Römischen Reich (und vermutlich auch davor) einfacher Mittel zu bedienen, um sich schnell und effektiv vor Wettereinflüssen zu schützen.

Wer waren die Wikinger?

Der Begriff Wikinger wird als Sammelbegriff benutzt und bezeichnet die vorrangig nordischen Volksstämme aus Nord- und Ostsee. Zwischen 800 und 1050 nach Christus waren die Wikinger an allen Küsten gefürchtet. Von ihren Langbooten aus verbreiteten sie Furcht und Schrecken, in ihren eigenen Sagen waren sie furchtlose Helden und Seefahrer.

Auch wenn wir heute Wikinger analog zu Kelten oder Römern benutzen, handelt es sich nicht um einen vereinten Volksstamm. Vielmehr beschreibt der Begriff heute die vielen ufernahen Siedlungen und Stämme des Nordens, die mit Seeraub ihren Lebensunterhalt verdienten oder sich in den geplünderten Siedlungen niederließen und dort sesshaft wurden. Sowohl im angelsächsischen wie auch im fränkischen Raum fanden sich Aussiedler, die fortan in Konkurrenz zu den Heimgebliebenen lebten.

Das Wort Wikinger selbst stammt vermutlich vom altnordischen Wort „víkingr“, was Seekrieger fernab der Heimat bedeutet. Selbst bei den Besatzungen der Boote handelte es sich eher um lose Gemeinschaften zum Zwecke der Beutefahrt – angelockt durch Mitteleuropa, das für die Nordeuropäer ein Land des Überflusses war.

Die Wikingerzeit - der Terror der Küsten

Auch wenn es bereits vor dem 8. Jahrhundert Angriffe vom Wasser aus auf das Festland gab, spricht man hier noch nicht von der Wikingerzeit (sondern von der Merowingerzeit). Als typischen Beginn des Wikingerzeitalters sehen Historiker den 8. Juni 793, den Tag des Angriffs auf das Kloster St. Cuthbert auf Lindisfarne, einer Insel vor der englischen Küste.

Historiker beschreiben den Angriff als nie zuvor gesehenes Grauen und vor allem auch als Angriff auf die Kirche. Die Attacke ist die erste historisch verbürgte. Fortan drangen Wikingerstämme aus Dänemark und Schweden über die Küsten nach England, Irland, auf die Faröer-Inseln und nach Frankreich vor. Über das osteuropäische Flusssystem kamen die Wikinger bis nach Kiew und sogar bis ins heutige Istanbul am Schwarzen Meer.

Als Motivation der Raubzüge gelten die ärmlichen Lebensbedingungen in Skandinavien; die harschen Wetterverhältnisse machten sichere Siedlungsverhältnisse und florierende Farmen nahezu unmöglich. Rauben und Plündern erschien da eine perfekte Alternative, vor allem für Volksstämme, deren Stärke auf dem Langboot lag. Die Langboote waren schnell und manövrierfähig. Ihre teils mit Drachen verzierten Bugs aus der Nähe zu sehen, muss schreckliche Furcht ausgelöst haben.

Ihre Stärken auf hoher See nutzten die Wikinger aber nicht nur für kriegerische Zwecke. Mit fortschreitender Zeit nutzten die Wikingerstämme ihre schnellen Schiffe und ihre nautische Expertise auch zum Handeln. Von einfachen Fellen und Metallen bis hin zu orientalischer Seide und erbeuteten Sklaven lag die Beute dieser Wikinger im Profit.

Als Ende der Wikingerzeit bezeichnen wir heute das 11. Jahrhundert, das Norwegen, Dänemark und Schweden neu ordnete. In den großen Königreichen war für das Leben der abenteuerlichen Stämme kein Platz mehr. Diese integrierten sich, wurden sesshaft, getrieben auch durch den Verlust ihrer militärischen Überlegenheit auf dem Wasser.

Technische Errungenschaften und Waffen der Wikinger

Sprechen wir vom Wikinger als Barbaren, so liegen wir übrigens einem klassisch graeco-romanischen Irrtum auf. Das Wort Barbar zeigte für die alten Griechen eine Kultur an, die sich nur mit primitiven Lauten verständigen konnte (Bar Bar wie Bla Bla), was für die Griechen alles umschloss, was nicht Griechisch war. Heute wird der Begriff gerne mit mangelnder kultureller Finesse gleichgesetzt.

Wie die Errungenschaften der Wikinger aber zeigen, konnten die Volksstämme aus dem Norden technisch, wirtschaftlich und militärisch mit anderen Stämmen der Zeit mithalten. Sie waren gefürchtete Krieger, brillante Navigatoren und prägten die nordische Kultur der Wikingerzeit.

Auch wenn die größte Waffe der Wikinger das Langboot war, waren die Nordmänner gefürchtete Nahkämpfer. Gerade in der Frühphase der Wikingerzeit waren Waffen und Rüstungen reich verziert und galten als Statussymbol. Die Wikinger kämpften mit Speeren, Äxten, Pfeil und Bogen und natürlich auch mit dem Schwert. Die Form der Schwerter variierte dabei zwischen dem römischen Gladius ähnlichen Kurzschwertern und mittelalterlichen Langschwertern mit klar ausgeformter Parierstange.

Auch wenn die Wikinger größtenteils zu Fuß kämpften, war der berittene Kampf zumindest unter Adeligen verbreitet – dies belegen Funde in Grabstätten. Mit Rüstungen aus Leder, Fellen und Metall und Helmen (ohne Hörner) zogen die Wikingerstämme in den Kampf, auch Schilde gehörten zum Arsenal der Plünderer.

Aufgrund der Guerilla-artigen Natur der Angriffe war der Kampf in Formation, wie es etwa Römer oder Griechen taten, nicht notwendig. In der Regel schlugen die Nordmänner zu, ehe sich ein organisierter Widerstand sammeln konnte. Gegner wurden schlichtweg mit dem enormen Tempo der Angriffe überrumpelt.

Die Sehnsucht des Nordens

Mit ihrem brutalen Image, ihren Raubzügen entlang der Küsten und auch ihren Siedlungen und Handelsposten haben Wikinger das Bild Europas maßgeblich mitgeprägt. Die Stämme aus dem Norden veränderten drei Jahrhunderte lang das Bild der Küstenstreifen eines ganzen Kontinents, verbreiteten Angst und Schrecken und zeigten Kenntnisse in Seefahrt und Navigation, die noch über Jahrhunderte ihresgleichen suchen würden.

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